Das Handwerk

Mit dem Tragen von Häuten erlegter Tiere als Schutz gegen Witterungseinflüsse beginnt die Entwicklung der menschlichen Bekleidung. Die Bemühungen, die Haut gegen den unvermeidlichen Fäulnisprozess zu schützen ist der Beginn des Gerbens, das lange Zeit zum Pelzerhandwerk gehörte. Bei den Griechen und Römern waren die Pelzer keine freien Leute, sondern meist Sklaven und Knechte. Bei den Germanen hingegen wurde die Pelzbekleidung vornehmlich von den Bauern selbst hergestellt. Der Kern der Gesellschaft bei den Wikingern bestand aus freien Bauern; Handwerkern hatten einen besonders hohen Stellenwert, gingen jedoch neben ihrem Beruf auch bäuerlichen Arbeiten nach. In Deutschland begann das richtige Pelzerhandwerk (ab dem 17. Jhd. auch als Kürschnerhandwerk bezeichnet) erst Mitte des 11. Jhd. und war später in Zünften organisiert.

Es ist erstaunlich, wie die Mode sich entwickelte. Bei den Germanen wurden Pelze als Schulterkragen oder Schulterumhang bis zur Hüfte getragen. Dem Schnitt nach zu urteilen, konnten sie mitunter auch wechselseitig, je nach Witterung, angelegt werden.  Aus einem dänischen Moor wurde ein mit Lammfell gefütterter Schuh geborgen. Ein ca. 14jähriges Mädchen aus dem Ruchmoor von Damendorf, Kreis Eckernförde, trug über die Schulter einen Pelzumhang, der aus Rehfellen- und Lederstreifen zusammengenäht war. Diese Technik, das "Gallonieren", wird noch heute häufig angewendet. In dieser Zeit wurden die Felle von Haustieren wie Schafen, Lämmern, Ziegen, aber auch Hunden, neben Wolfsfellen und Reh hauptsächlich von der Landbevölkerung verarbeitet und getragen.

Die Fellsorten nahmen in der Zeit der wikingischen Handelskontakte enorm zu. An den Handelsplätzen Birka, Ribe und Haithabu priesen die unterschiedlichsten Händler ihre Ware aus fernen Gegenden an: Felle zum Beispiel von den Lappen, von den Rus und den Warägern, aber auch aus den restlichen bereisten Ländern. Die Beschreibungen reichten von Rentier, Bär, Otter, Zobel, Marder, Hermelin (Wiesel), Feh (nordisches Eichhörnchen), Seehund, Robbe bis hin zu Fuchs. Hierbei handelte es sich um Felle, die der Mittel- und Oberschicht der Bevölkerung zugerechnet werden.
Felle gehörten zu den exklusivsten Exportgütern dieser Zeit. Aber nicht nur der Handel, sondern auch die Tributleistungen kurbelten die Pelzverarbeitung an.

Seit dem frühen Mittelalter wurden Mäntel und Gugeln häufig mit Pelz abgefüttert und Mützen bekamen Fellränder. Fell ist der perfekte Schutz gegen raue Witterungsbedingungen. Auch zur Zierde und zum Schmücken wurden Felle verarbeitet. Hier waren Besätze sowie Krägen sehr beliebt um des Trägers Stand zu zeigen. Zur Herstellung solcher Kleidungsstücke mussten die Felle in Form geschnitten, aneinandergenäht, aufgespannt (zwecken) und abgefüttert werden. Passform und Optik ist die zusätzliche Kunst des Pelzers.
Die unterschiedlichsten Jahrhunderte hatten im Großen und Ganzen dasselbe Handwerkszeug und dieselben Verarbeitungstechniken.

Selbst im 21.Jahrhundert sind die Verarbeitungstechniken im wesentlichen gleich geblieben, Design und Materialbeschaffenheit rücken jetzt in den Vordergrund.

[Ausschnitte aus meinem Artikel im Karfunkel Codex Wikinger]